Eine etwas ungewöhnliche Fragestellung, ich weiß, deshalb finde ich sie so interessant. Denn wer selbst schon mal Mental Load hatte, weiß, eigentlich wünscht man sich in diesem Moment nur eins: Ruhe, im Außen und auch im Kopf. Ist auch kein Wunder, denn diese fehlt Eltern insbesondere Müttern seit gut zwei Jahren ganz erheblich. In der aktuellen Axa Health Studie (07.03.22) gaben 58% der Mütter an, dass sie es „selten bis nie“ schaffen abzuschalten bzw. ihre Akkus aufzuladen. Die sorgsam aufgebauten Entlastungs-Netzwerke, sind dank Corona weitestgehend zerstört. Und so sind wir im Prinzip alle dauerhaft am Anschlag dessen, was wir ertragen können. Um das Leben, doch noch einigermaßen zu meistern, ist eine regelrechte Organisationswut entstanden. Die zu ganz vielen Küchenmeetings und zu ganz wenig Leichtigkeit geführt hat. So auch bei uns.
Ich will lachen, bis ich mir meinen Ben & Jerry Frustattackenbauchansatz halten muss!
Im Dezember 2021 hatte ich die Schnauze voll davon. Ich ertrug den Gedanken von weiteren Küchenmeetings nicht mehr. Ich wollte Spaß, mich lebendig fühlen und so laut lachen, bis ich mir meinen Ben & Jerrys Frustfressattackenbauchansatz halten muss. Das war alles, was ich wollte. Die Frage war nur wie? Denn um Freude empfinden zu können, musste ich erst einmal aus meinem Überlebensmodus raus. Ich dachte darüber nach, welchen Lösungsansatz ich in Sachen Familienmanagement noch nicht ausprobiert hatte. Und plötzlich fiel mir ein Satz von meinem Mann ein. Er sagte irgendwann mal, dass er kein Bock mehr darauf hätte noch mehr zu reden, wir sollten lieber mehr vögeln. Der normale Menschenverstand sagt dazu “Als ob Sex gegen Mental Load hilft… Problemlösung 2.0. oder was?”. Doch ich wollte mich so unbedingt anders fühlen, dass ich dachte “warum eigentlich nicht?”.
Sex? Unbedingt! Jeden Tag? Ich weiß nicht..
Und so startete dieses etwas andere Selbstexperiment. Ich hatte echt ein bisschen Bammel davor. Zwar war ich mittlerweile schon Profi in Sachen Selbstexperimenten, aber zu wissen, dass man unter jeden Umständen jeden Tag Sex haben würde war seltsam, aber irgendwie auch unglaublich aufregend. Es gab diese sexy Vorfreude auf das was kommen würde. Und damit ich es auch definitiv durchziehen würde, beschloss ich mich ein klein wenig unter Druck zu setzen. Ich bot dem Mütterblog Hauptstadtmutti an, für sie darüber zu schreiben. Durch diese Ansage gab es kein zurück mehr. Hätte ich nur für mich geschrieben, hätte ich eine Ausrede finden können aufzuhören, so hatte ich Deadlines, die ich einhalten wollte und das war genau das richtige in dem Moment.
„Lass es uns tun, aber bitte nicht im Bett“
Die ersten Tage, war es seltsam den ganzen Tag schon zu wissen, wie der Abend enden würde. Die Frage, war ja nicht mehr ob wir es tun würden, sondern nur wie? Da ich ein Mensch bin, der auch innerhalb seiner Routinen Abwechslung braucht, sagte ich an Tag vier schon “Lass es uns irgendwo tun, aber nicht im Bett”. In dem Moment kamen mir 24 Tage echt verdammt lang vor. Doch das waren sie nicht. Wir wurden sogar ganz schön kreativ und am Ende war es schön jeden Abend im Bett zu landen.
Eine Schublade mit doppelten Boden
Der Höhepunkt der Kreativität war wohl erreicht, als mein Mann eine Schublade mit doppelten Boden baute. Wir hatten uns einen Paarkalender für die Adventszeit bestellt, doch mit jedem Türchen, das wir öffneten, fragten wir uns gleichzeitig “Wohin mit dem ganzen Zeug?”. Früher versteckte man seinen Vibrator noch vor seinen Eltern und Geschwister, heute vor den eigenen Kindern. Und wenn diese nur halb so neugierig sind, wie ich es war, brauchten wir ein gutes Versteck. Gleichzeitig fragte ich mich, ob ich sie überhaupt verstecken sollte bzw. musste, oder ob ich nicht einfach ganz offen mit meiner Sexualität umgehen sollte. Das ging mir dann aber irgendwie doch zu weit. Sie dürfen ruhig wissen, dass ich Freude daran habe, aber sie müssen nicht wissen an was genau ich Freude habe.
Hilft Sex tatsächlich gegen Mental Load?
Generell hat uns das Experiment, aber beide sehr überrascht, denn täglicher Sex hilft bei uns tatsächlich gegen Mental Load. Dabei war es nicht zwangsläufig der Akt an sich, sondern all das was damit einherging. Die Nähe, das gemeinsame Lachen und einfach die Tatsache, dass wir täglich Zeit miteinander verbrachten, ohne über irgendwelche To-dos zu sprechen.
Mit einem Schlag war alles leicht
Wir hatten uns plötzlich beide nochmal ganz nach oben auf die Prioritätenliste gesetzt und das führte dazu, dass wir beide größtes Interesse daran hatten, dass es dem anderen gut geht. Und so kam es, dass mein Mann plötzlich viel aktiver in Sachen Haushalt und Kinder war und ich meine Aufgaben mit einer ganzen Intention erledigt hatte. Irgendwie war mit einem Schlag alles leicht. Vielleicht lag es an der anhaltenden Hormonausschüttung, wer weiß, aber wir fühlten uns so gut wie nie. Keine Schlafstörungen, keine Rückenschmerzen, kaum Streitereien. Die Liste der Pros bei diesem Experiment war lang.
Experiment ohne Verfallsdatum
Aus diesem Grund beschlossen wir, diesem Experiment auch kein Verfallsdatum zu geben. Wir wollten in eine dauerhafte Verlängerung gehen. Eine romantische Idee, die von der harten Realität des Januars knallhart zerstört wurde. Denn auch, wenn wir uns dies in unserer hormongetränkten Naivität nicht vorstellen konnten, gab es durchaus Dinge, die uns von täglichen Sex abhielten. Zum Beispiel Kinder, die sich Knochen brechen und dann im Krankenhaus landen, oder das böse C, dass uns innerhalb kürzester Zeit so k.o. gehen ließ, dass wir uns nicht mehr menschlich fühlten. Ja, auch mit Impfung. So schön und heiß der Dezember mit all seinen Orgasmen war, desto ernüchternder und abgekühlter war der Januar.
Das (Sex)Leben nach dem bösen „C“
Und jetzt haben wir Februar und wir sortieren uns neu. Die Coronainfektion ist überstanden und wir dürfen jetzt schauen, wie das Leben danach funktioniert. Hört sich ein wenig melodramatisch an, aber aktuell ist vieles einfach noch anders. Corona hat uns unseren Geruchs- und Geschmackssinn genommen (hoffentlich nur vorübergehend). Doch wie sehr eine solche Sinnesstörung den Alltag und damit auch das Sexleben verändert, merkt man erst wenn es soweit ist. Es ist seltsam seinen Partner nicht mehr riechen und schmecken zu können. Doch auch, wenn wir aktuell eher auf dem Boden der Tatsachen als auf einem hormonellen Hoch sind, wollen wir das Experiment wieder aufgreifen. Denn es war herrlich sich nach 15 Jahren Beziehung nochmal so leicht und unbekümmert zu fühlen, wie am Anfang. Also seit gespannt, wie es weitergeht.
Wenn du mehr über dieses Experiment erfahren möchtest, kann ich dir die Artikel, die ich für Hauptstadtmutti geschrieben habe sehr empfehlen. Falls du Fragen oder Anmerkungen zu dem Experiment hast, melde dich sehr gerne bei mir. Ich freue mich von dir zu hören.
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