Buchclub „Wie viel- Was wir mit Geld machen und was es mit uns macht“ von Mareice Kaiser
Für wen?
Ich mach’s kurz: Für alle. Denn Geld geht uns alle etwas an.
Worum geht‘s?
Um’s liebe Geld und die vielen großen und kleinen Fragen, die damit einhergehen. Wie viel Geld ist genug? Was macht Geld mit uns? Was machen wir mit Geld? Wie ist es, Geld zu haben? Was macht es mit uns, wenn wir keins haben? Gibt es eine Möglichkeit, Geld gerechter zu verteilen? In dem Buch “Wie viel” erzählt Mareice Kaiser uns ihre eigene Geldgeschichte, aber auch die von ihren spannenden InterviewpartnerInnen, z.B. die von Herrn Husel, oder die von Marlene Engelhorn. Und am Ende denkt man automatisch über seine eigene Geldgeschichte nach und stellt sich ganz automatisch die Frage nach dem eigenen “Wie viel”. Wie viel brauche ich wirklich?
Meine Learnings aus dem Buch
Ein privilegiertes Leben
Ich bin weder arm noch bin ich reich. Ich bin irgendwas dazwischen, so wie Mareice Kaiser so schön sagt. Und mit diesem dazwischen führe ein ziemlich privilegiertes Leben. Das ist mir beim Lesen von “Wie viel” wieder klar geworden. Viele Dinge, die für mich “normal” sind, bedeuten für manch anderen Luxus pur. Auch wenn es wiederum viele Menschen gibt, die meinen Maximal-Gedanken von Luxus als ihr normal betiteln.
1000€ für's rumkritzeln
Dennoch ist die Tatsache, dass ich mir fast jeden Monat neue Bücher kaufe, sie lese und danach ins Regal stelle, ein Privileg. Ich könnte sie in der Bücherei ausleihen und lesen. Das würde Geld und Platz sparen. Doch ich liebe es, wenn ich drin rumkritzeln kann. Und für diese Liebe zum Rumkritzeln und Markieren bezahle ich gern 1000€/ Jahr. Es ist ein Luxus, den ich mir gönne.
Haustiere sind Luxus
Dazu kommt, dass ich Haustiere habe. Nicht nur eins, sondern gleich drei. Zwei Hunde und ein Kater. Und einer der Hunde ist schon allein von seiner Größe her der reinste Luxus. Denn Futter, Medikamente und alles was man so braucht ist einfach teurer, wenn der Hund groß ist. Gerade gestern musste ich bspw. wegen eines Unfalls beim Spielen mit ihm zum Tierarzt. An einem Sonntag. Das bedeutet eine Extra-Notdienstgebühr sowie der bis zu vierfache Satz der normalen Preise.
Bevor ich dieses Buch gelesen habe, hätte ich wahrscheinlich weder mein Konsumverhalten hinsichtlich meiner Bücher noch die Tatsache, dass ich Haustiere habe, als Luxus betitelt. Nach dem Lesen von “Wie viel” schon. Das Interview von Herr Husel, dem 85-jährigen der täglich Pfandflaschen sammelt, um seine Rente aufzustocken und in einer Wohnung ohne Heizung lebt, hat etwas mit mir gemacht. Genau wie das Gespräch mit Lukas, der 5 Jahre lang für einen Stundenlohn von 1,35€ in einer Behindertenwerkstatt gearbeitet hat. Die Geschichten dieser Menschen zu hören macht nachdenklich. Vor allem darüber, warum dieses System so kaputt ist.
Essen bestellen
Als ich das Interview mit António und auch Mareice Kaisers Sichtweise übers Essen bestellen gelesen habe, habe ich mich ertappt gefühlt. Ertappt, weil ich mir nie wirklich Gedanken darüber gemacht habe. Ich hatte Hunger, war zu faul zum Kochen oder zum Einkaufen, also habe ich Essen bestellt. Bis auf zweimal allerdings immer nur in Gesellschaft, allein kam es mir dann doch falsch vor. Da fand ich den Aufwand zu groß.
Mit der Tatsache, viel zu bestellen, rechtfertige ich vor mir selbst, überhaupt etwas zu bestellen. Trinkgeld zu geben ist, wie António in dem Interview sagt, eine Gewissensberuhigung für den, der bestellt. Ich habe mich zugegebenermaßen auch immer großartig gefühlt, als ich 20% Trinkgeld gegeben habe. Selbst wenn ich bei Lieferando bestellt hatte, obwohl ich schon darüber gelesen hatte wie scheiße die Arbeitsbedingungen dort sind. Das war nicht richtig.
Unser Steuersystem
“Wenn ich etwas tun muss, dessen Sinn ich nicht sehe und verstehe, habe ich darauf auch keine Lust. Wenn ich aber einen Sinn sehe, sogar einen, den ich gut finde (gerechtere Verteilung von Geld), dann tue ich es auch lieber”. Ja, ich denke, ich würde meine Steuererklärung und die Steuervoranmeldungen auch lieber machen, wenn ich besser erkennen/verstehen könnte, was der Staat damit macht. Steuern zu zahlen, fand ich bisher immer nervig. Was höchstwahrscheinlich daran liegt, dass mir von Kindheit an das System so dargestellt wurde, dass es nur darum geht, mir etwas wegzunehmen.
Dass man es mir wegnimmt, um damit etwas Gutes zu machen, der Zusatz existierte in meinem Kopf nicht. Da fanden nur Bild-Zeitung reife Schlagzeilen statt, wie “Steuergelder wieder verschleudert/veruntreut…”. Diese Sätze sind einfach viel präsenter, als “Schule XY, wurde mit Hilfe von Steuergeldern modernisiert”. Und ehrlich gesagt, habe ich mich nie damit auseinandergesetzt. Steuern waren böse. Punkt. Niemand hat je zu mir gesagt, dass Steuern etwas Gutes sind. Selbst mein Steuerberater nicht. Es ging immer nur darum, wie viel ich am Ende weniger habe.
Durch Mareices Kaisers Überlegungen, suche ich gerade eine neue Sichtweise auf unser Steuersystem. Und wer weiß, vielleicht habe ich irgendwann Freude daran, Steuern zahlen zu dürfen. Es ist auf jeden Fall eine Überlegung wert.
Persönliches Leseerlebnis
Ich gebe zu, zuerst wollte ich „Wie viel“ nicht lesen. Ich war mir unschlüssig, ob ich gerade ein Buch über Geld vertragen kann. Denn gefühlt drehen sich schon zu viele meiner Alltagsgedanken um Geld. Ob beim Einkaufen, Tanken oder beim Gang zum Briefkasten (Angst vor der Stromabrechnung), ständig ist da dieses mulmige Gefühl und die Frage, wie lange man all die Preiserhöhungen noch so gut wegstecken kann. Und wie lange man noch in der Schere zwischen arm und reich irgendwo in der Mittelschicht landet.
Es sind einfach komische Zeiten
Zeiten, in denen ich das erste Mal deutlich mehr für Strom und Gas als für die Darlehensrate meines Hauses bezahle. Obwohl mir die schon immer hoch vorkam. Doch zurück zum Buch. Gekauft habe ich es, weil ich die Texte von Mareice Kaiser in der Regel einfach sehr gern mag. Und dann war da noch diese Neugier, was sie zu dem Thema zu sagen hat. Also habe ich es gekauft, gelesen und geliebt (trotz der Thematik).
Geheime Geldgeschichten
Geliebt vor allem, weil es die perfekte Mischung aus persönlichen Geldgeschichten und den harten Fakten war. Auf den ersten Seiten kam es mir so vor, als hätte Mareice Kaiser mir Dinge über ihr Leben verraten, die ich noch nicht einmal über meine Freunde weiß. Was nicht bedeutet, dass ich jetzt glaube, sie zu kennen. Vielmehr hat es mir aufgezeigt, wie wenig man über Menschen, deren Gedanken man in Form von Büchern oder Artikel liest, weiß. Ich hätte zum Beispiel darauf gewettet, dass sie zu den Menschen gehört, die nie Bauchschmerzen bei ihrer Steuererklärung haben. Anders als ich. Einfach weil sie in meinen Augen so erfolgreich ist.
Zusätzlich zu der ganz persönlichen Note von Mareice Kaiser haben die vielen unterschiedlichen und mutigen Interviewausschnitte ihrer Gesprächspartner dafür gesorgt, dass ich das Buch geliebt habe. Viele davon haben mich berührt, bei anderen wurde ich wütend. Nicht auf die Gesprächspartner, sondern auf unser System.
Fakten zum geliebten Geld
Und dann gab es da noch die ganzen Fakten, die ich jetzt mit Freude in jedes Gespräch über Geld miteinfließen lassen werde. Zumindest so lange, bis ich sie wieder vergessen habe. Mein Lieblingsvergleich wenn es um die Verteilung von Geld geht, ist das Bill Gates 93$ in der Sekunde verdient während Menschen, die in Behindertenwerkstätten arbeiten mit Teilhabe und 1,35€ entlohnt werden. Oder das “Kinder haben” ansich schon ein Armutsrisiko ist. Oder dass Menschen, die (oberhalb des Freibetrags) aber dennoch vergleichsweise “wenig” erben, im Durchschnitt ca. 10% Erbschaftssteuer bezahlen. Wohingegen Menschen, die ein Unternehmen mit einem Wert über 10 Mio € erben, im Durchschnitt nur 1% zahlen.
Und all das findet man in diesem Buch. Ich hatte während des Lesens oft genauso viele Falten auf der Stirn wie mein Hund auf diesem Foto. Einfach weil diese Ungerechtigkeit so schwer begreiflich ist.
Über die Autorin
Mareice Kaiser arbeitet als Journalistin, Autorin und Moderatorin. Ihre Themen sind Inklusion, Vereinbarkeit und Gerechtigkeit. Mit ihrem Essay „Das Unwohlsein der modernen Mutter“ war sie 2018 für den deutschen Reporterinnenpreis nominiert. Ihr gleichnamiges Buch, welches 2021 erschien stieg direkt in die Spiegel Bestsellerliste ein. Im Internet findet man Mareice Kaiser unter dem Namen @mareicecares und genauso heißt auch ihre Internetradiosendung, die es seit Anfang des Jahres gibt.
Danke fürs Lesen!
Wenn du magst, teile es auch gern mit Freunden/Familie/ Bekannten/ Kollegen. Ich freue mich über deine Unterstützung.
Hier geht es zum Buch *von Mareice Kaiser. Mehr über sie erfährst du auf ihrem Instagramkanal.
*Affiliate Link
Du willst noch mehr lesen? Dann schau doch im Buchclub vorbei 🙂