Selbstexperiment 15 Min Smartphone pro Tag
An Tagen wie heute fühlt sich dieses Selbstexperiment wie die Hölle auf Erden an. Ich habe miese Laune, bin uninspiriert, habe leichte Kopfschmerzen und dazu kommt noch, dass draußen alles grau ist und es ununterbrochen regnet. Kurz gesagt, ich bin heute schrecklich verjammert und die Welt ist böse, sogar das Wetter, obwohl mir Regen in der Regel nichts ausmacht. Eigentlich mag ich ihn. Das habe ich meiner Oma zu verdanken, denn sie ist im Regen immer mit mir spazieren gegangen, damit ich Regenwürmer beobachten und in Pfützen springen konnte. Danach gab es dann Kranzkuchen mit warmem Kakao. Eine schöne Kindheitserinnerung. Und trotz dieser schönen Erinnerung finde ich heute alles blöd. Höchstwahrscheinlich bin ich einfach müde.
Sich vom eigenen Elend ablenken
Laut meinem Gehirn wäre JETZT genau der richtige Zeitpunkt, um nach meinem Smartphone zu greifen, damit es mich von meinem Elend ablenkt. Innerhalb von Sekunden könnte ich in die unterschiedlichsten Welten eintauchen. Könnte mir Katzenvideos anschauen, mir das selbstinszenierte Leben anderer anschauen oder ganz einfach mein “Leid” mit anderen teilen. Damit Freunde und Familie auch in den Genuss meines emotionalen Tiefs kommen. Wer weiß, vielleicht würde es mir mit ein bisschen Zuspruch und Mitgefühl meiner Freunde auch schnell wieder besser gehen. Vielleicht würde mich auch das scheinbar tolle Leben der anderen inspirieren. Wäre alles denkbar.
Geistig auf Stand-by
Viel wahrscheinlicher wäre allerdings, dass ich mich danach zusätzlich noch darüber ärgern würde, dass ich mir selbst schon wieder nicht zugehört habe und nicht bereit war, mein eigentliches Bedürfnis zu erforschen. Denn so richtig wissen, warum ich mich gerade fühle, wie ich mich fühle, tue ich nicht. Wenn ich jetzt zum Smartphone greifen würde, dann würde ich für einen Moment das Leben von anderen mit leben. Und schwups wäre mein doofes Gefühl stumm geschaltet. Ein Aspekt, den ich an meinem Umgang mit der Onlinewelt nicht mag. An Tagen, an denen ich (wie heute) nicht gut drauf bin, neige ich dazu, so in diese virtuelle Welt abzudriften, dass ich vergesse, was ich eigentlich los ist. Dann höre ich mir und meinen Gefühlen nicht mehr zu und laufe geistig auf Stand-by. Doch damit ist jetzt Schluss. Für mein Selbstexperiment widerstehe ich der Versuchung. Auch wenn es heute echt hart ist.
Bitte betäuben
Der Grund für das Selbstexperiment ist, dass mir aufgefallen ist, dass ich mein Smartphone nutze, um mich kurzfristig damit zu “betäuben”. Ich lenke mich vom Wesentlichen ab und unterbreche meinen Alltag. Auch beim Arbeiten. Meistens dann, wenn ich eigentlich müde bin, oder einfach nur Ruhe will. Doch anstatt mir eine Pause zu gönnen, gönne ich mir ein paar Minuten Smartphone. Und das ist nicht gut. Denn es führte in letzter Zeit dazu, dass ich mich schlecht konzentrieren konnte und oft den Fokus verlor. Mit dem Selbstexperiment will ich einerseits ruhiger und entspannter im Kopf werden und andererseits auch wieder meine Konzentration steigern.
Wenn der Mental Load nach dem Smartphone ruft
In den ersten Tagen war es ultraleicht, aufs Smartphone zu verzichten, meist hatte ich abends noch 7 von 15 Minuten übrig.Das lag vor allem daran, dass ich Urlaub hatte und weder müde noch gestresst war. Doch heute ist es irgendwie hart. Die war ultra anstrengend und ich bin so müde, dass ich merke, dass ich müde bin. Mein Mann ist aktuell beruflich stark eingespannt, sodass die Carearbeit zu 95% an mir hängen bleibt und das in Kombination mit Job und allem drum und dran ist es gerade einfach VIEL.
Und auch wenn ich mir Minipausen im Alltag einbaue, ist der Mental Load hoch und mir fallen im Minutentakt Dinge ein, die ich gerade mit dem Smartphone erledigen könnte. Jetzt gerade könnte ich für Kind 1 noch das Essen für die Schule bestellen. Doch ich lasse es und schreibe es erst mal auf einen Zettel. Ich will wegkommen von diesem reflexartigen Griff zum Smartphone, denn eigentlich ist genau das, was mich stresst. Dass ich jederzeit überall schnell noch was erledigen könnte. Will ich nicht mehr.
Ich bin sehr gespannt, was dieses Experiment mit mir macht und was ich dabei alles über mich selbst lerne. Bisher habe ich folgendes bei dem Selbstexperiment gelernt.
4 Dinge, die ich durch das Reduzieren meiner Smartphonezeit bisher gelernt habe
1. Zeitliche Begrenzung führt zu bewusster Nutzung
Wenn ich mein Smartphone nur 15 Min pro Tag benutzen darf, mache ich dies viel bewusster. Das bedeutet ganz konkret, dass die Nachrichten, die ich schreibe, meist kürzer und auch positiver sind als vorher. Und dass ich oft nicht mehr wahllos irgendwelche Inhalte konsumiere, auch wenn mein Hirn mir immer noch vorschlägt, genau dies zu tun. Stattdessen überlege ich meist schon im Vorfeld, was mich gerade interessiert und ob es mir etwas bringt, wenn ich genau jetzt weiß.
Selbstexperiment-Fakten
- vorher: durchschnittliche Nutzung/Tag: 3,5 Std
- vorher: durchschnittliche Aktivierung/ Tag: 100 Mal
- Während des Selbstexperiments: 15 Min Nutzungsdauer/Tag
- Ausgeschlossen von dieser 15-Min-Regelung sind berufl. Telefonate, Onlinebanking, Parkapp.
- Meine Mails beantworte ich nur noch am PC
Ziel meines Selbstexperiments
- Mehr Konzentration und Fokus
- Mehr Ruhe im Kopf
- Meine eigenen Gefühle und Bedürfnisse besser erkennen
- Weniger Bildschirmzeit und mehr Leben
Wenn du deine Smartphonezeit auch reduzieren möchtest, es aber allein nicht hinbekommst, können dich (ironischerweise) auch Apps dabei unterstützen. Zum Beispiel Space oder Forest.
Solltest du das Gefühl haben du brauchst professionelle Unterstützung, um dein Nutzungsverhalten zu ändern, findest du beim Fachverband für Medienabhängigkeit eine Liste von Ansprechpartnern.
Danke fürs Lesen!
Hast du Fragen zu den Selbstexperimenten? Oder wünschst du dir Unterstützung? Dann schreibe mir eine Mail. Ich freue mich von dir zu hören.
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