Selbstexperiment: 30 Tage zuckerfrei ernähren

Zuckerfrei ernähren, Selbstexperiment, Corinna Mamok, zuckerverzicht

Und die Frage: Kann ich durch den Verzicht auf Zucker meine Leistungsfähigkeit steigern?

Ich gebe es ganz offen zu, ich tue mir aktuell schwer damit den Fokus zu behalten und längere Zeit konzentriert zu arbeiten. Seit ich die Bekanntschaft mit dem bösen C hatte, komme ich mir manchmal vor, als hätte ich die Aufmerksamkeitsspanne eines Goldfischs. Wobei ich nicht weiß, ob es wirklich an Corona oder an einigen meiner schlechten Gewohnheiten (Smartphone, Multitasking etc.) liegt. Da ich 2019 bereits die Erfahrung gemacht habe, dass mir ein zuckerfreies Leben im Allgemeinen guttut, habe ich mich gefragt, ob mir diese Art der Ernährung dabei helfen kann wieder fokussierter und leistungsfähiger zu werden? Aus diesem Grund heißt meine März Selbstexperiment: 30 Tage zuckerfrei ernähren.

2019 war der positive Effekt durch den Zuckerverzicht enorm. Ich hatte kein Mittagstief mehr, keine Heißhungerattacken, war leistungsfähig, hatte tolle Haut und fühlte mich insgesamt viel frischer und fitter. Ich habe es oft bereut, dass ich nach einem Jahr wieder eingeknickt bin. Vor allem, weil die “Ich gönne mir” Phase, die danach kam, alles wieder zunichtegemacht hat. Was nur eine kurze Feiertagsschlemmerei werden sollte, hatte sich in eine zweijährige Gummibärchen-Eis-Keks-Chips-Phase entwickelt, in der ich über 15 kg zunahm. 

Da jetzt wieder rauszukommen ist so eine Sache. Doch im Gegensatz zu meinen nicht ganz ernst gemeinten Versuchen im letzten Jahr bin ich jetzt wild entschlossen, den Absprung wieder zu schaffen. Und anders als 2019 geht es mir dieses Mal auch nicht darum, meinen Körper zu verändern. Dieses Mal geht es wirklich nur darum zu schauen, ob ich durch einen gesünderen Lifestyle wieder leistungsfähiger werde. 

Das eigene Hirn zu überzeugen ist eigentlich das Schwierigste daran. Vor allem, wenn man so wie ich ein Frust- und Stressesser ist. Ganz getreu dem Schema Reiz-Verhalten-Belohnung hat mein Hirn relativ früh abgespeichert, wenn irgendwas besonders Tolles (z.B. Geburtstage) oder irgendwas besonders Blödes (z.B. Streit) passiert, dass Zucker alles irgendwie besser macht. Da ich das weiß, habe ich mir bereits im Vorfeld überlegt, was ich in solchen Situationen machen werde.

Wenn etwas besonders Tolles passiert, versuche ich mich mit etwas anderem, dass meinem Hirn gefällt zu belohnen. Und falls es mal gar nicht anders geht, dann auch mit etwas anderem zu essen, z.B. Obst. Wenn etwas ganz besonders Blödes passiert, werde ich versuchen, in dem Moment einen Lieblingsmensch anzurufen oder einfach Tagebuch zu schreiben und einen warmen Tee zu trinken. Falls das nicht hilft, gehe ich einfach Zähne putzen. Dann bin ich zumindest für den Moment abgelenkt. Und meist braucht es einfach nur einen ganz kurzen Augenblick, der einen aus der Situation rettet. Das schöne ist ja, dass wir unserem Gehirn dieses manipulative Verhalten mit der Zeit auch wieder abgewöhnen können. Wir müssen nur oft genug widerstehen.

Damit das Experiment noch verbindlicher für mich wird, habe ich dieses Mal sogar ein paar Mitstreiter, die auch den kompletten März auf Zucker verzichten werden. Ich bin gespannt, wie es wird. Während des Selbstexperiments soll auf alle Lebensmittel, die Industriezucker enthalten, verzichtet werden. Wobei ich zu allen Teilnehmer:innen gesagt habe, sie sollen schauen, was sich für sie gut anfühlt. Ich persönlich vereinbare z.B. zwei Schummelessen mit mir selbst. Das Erste ist Pizza, die gibt es bei uns alle zwei Wochen und das ist einfach Tradition. Und das Zweite ist Sushi. Das esse ich auch nicht oft, aber ich will auch nicht darauf verzichten. Und ganz ehrlich, ich finde es besser, etwas zu 98% durchzuziehen, anstatt überhaupt gar nicht erst anzufangen, aus Angst, ich erreiche die 100% nicht. 

Update 15.03.2022

Ich klopfe mir an dieser Stelle selbst auf die Schulter. Zwei Wochen liegen schon hinter mir und es scheint so, als hätte ich meine Schoko-Gummibärchen-Kekse Phase erfolgreich hinter mir gelassen. Zumindest für den Moment. Die ersten Tage war es ein wenig hart. Ich musste mir sogar ein paar Mal ein Stück Keks wieder aus dem Mund fischen, weil ich aus Gewohnheit völlig unbewusst hineingesteckt hatte. Und wie bei fast allen Experimenten habe ich auch dieses Mal wieder völlig unerwartete Sachen dabei gelernt.

Meine bisherigen Learnings nach 2 Wochen Zuckerverzicht

Industriezuckerverzicht führt nicht zwangsläufig zum Abnehmen

Als ich meinem Mann sagte, dass ich wieder auf Zucker verzichten will, befürchtete er, dass ich wieder so viel abnehmen würde wie 2019. Ich hoffte zwar, das ein oder zwei Kilo verschwinden würden, aber aktuell sieht es eher so aus, als würde ich ein wenig zunehmen. Ich esse nicht mehr und auch keine versteckten Dickmacher. Dennoch ist die Zahl auf der Waage ein wenig nach oben geklettert. Im ersten Moment dachte ich: Was soll jetzt der Scheiß?!”. Doch dann habe ich mal kurz in mich hinein gehorcht und festgestellt, auch wenn ich ein wenig zunehme, fühle ich mich schon nach zwei Wochen viel besser. Ich habe mehr Klarheit und bin dadurch auch fokussierter.

Mein Hirn hat anscheinend ein Gewohnheitsgedächtnis

Als ich 2019 auf Zucker verzichtete, war mein Leben voller “guter” Gewohnheiten. Ich bin morgens früh aufgestanden, habe meditiert, viel Wasser getrunken und Sport gemacht. Seit ich den Zucker weglasse, kommen viele diese Gewohnheiten irgendwie ganz automatisch zurück und das fühlt sich echt gut an. Anscheinend sind die Gewohnheiten in meinem Hirn alle miteinander verknüpft. Vielleicht hilft mir diese Tatsache auch beim Durchhalten, wer weiß.

Ich bin der 1:1 Typ

Das ist eine Erkenntnis, die nichts mit dem Zuckerverzicht an sich zu tun hat, aber mit dem Experiment. Es war das erste Experiment, bei dem andere mitmachen wollten und ich dachte mir “Geil, lass uns doch ne Gruppe machen und uns dort austauschen”. Eigentlich coole Idee, doch irgendwie auch nicht. Ich habe festgestellt, ich bin nicht der Gruppenmoderationstyp. Eins zu eins, ja. Gruppe, eher nein. Ich tausche mich gern offen und ehrlich mit anderen Menschen aus und habe kein Problem damit über alles mögliche zu schreiben. Doch eine Gruppe liegt mir nicht. Da war direkt dieses “ich muss” Gefühl und kein Spaß. Deshalb habe ich auch nach ein paar Tagen die Reißleine gezogen und gesagt: “Sorry, ich habe mich geirrt, das bin nicht ich”. Das war auch ein wichtiges Learning.

Update: 29.03.2022

Gestern habe ich gesündigt. Ja, so kurz vor Ende. Allerdings habe ich diese Ausnahme schon vorab mit mir selbst abgemacht. Denn gestern war unser Hochzeitstag und wir bestellen jedes Jahr den gleichen Kuchen, den es damals an unserer Hochzeit gab. Das ist Tradition und eben mit dieser wollte ich nicht brechen. 2019 habe ich auf den Kuchen verzichtet, das hat sich komisch angefühlt. Ihn gestern zu essen, hat sich aber auch komisch angefühlt. Denn er schmeckte gar nicht so gut wie sonst. Das lag aber nicht an dem Kuchen, der war perfekt wie immer. Es lag an meinen Geschmack. Das hatte ich 2019 auch schon, da war alles mit Zucker plötzlich viel zu süß. So auch der Kuchen gestern.

Was interessant ist, dass mein Hirn heute bestimmt schon 20 Mal angefragt hat, ob wir nicht doch noch ein Stück Kuchen essen sollen? Es ist so, als müsste ich jedes Mal bei null anfangen, sobald ich Zucker gegessen habe. Ganz egal, wie lange ich vorher darauf verzichtet habe. Wenn es heute ganz schlimm wird, mache ich mir einen Smoothie, der hilft bei solchen Zuckersucht Attacken ganz gut. Und in 2 Tagen ist das Experiment auch schon vorbei. Doch ich werde einfach weitermachen, weil ich mich ohne Zucker einfach mehr mag. 

Wenn ich auf Zucker verzichte, fühlt sich mein Hirn anders an. Wie genau, kann ich ganz schlecht beschreiben, es ist einfach unaufgeregter, klarer und fokussierter. Und das mag ich sehr. Ich bin ausgeglichener und außerdem mag ich es meinen Kindern eine gesunde Ernährung vorzuleben. Sie verzichten zwar nie ganz, aber sie konsumieren ihn bewusster und suchen sich schon von ganz allein gesündere Alternativen. Wir führen auch oft Gespräche darüber, welches Essen gesund ist und welches leider in die Kategorie “lecker aber ungesund” fällt. 

Ich finde es schön, dass sie schon jetzt darüber nachdenken, wie sie ihrem Körper etwas Gutes tun können und wer weiß, vielleicht kann ich bei ihnen die Reiz-Verhalten-Belohnung- Kiste in Bezug auf Zucker verhindern. Allein dafür würde es sich der Verzicht schon lohnen. Obwohl ich weiß, dass ich selbst am meisten davon profitiere. Mein Ziel ist es tatsächlich, weiter zuckerfrei zu leben, mit Ausnahme von Pizza, Sushi und Pistazieneis 🙂 Wie gesagt, lieber sehr gute 98%, als überhaupt nicht anzufangen, weil man weiß, dass man die 100% nicht erreicht.

Mein Fazit zum Selbstexperiment: 30 Tage zuckerfrei ernähren

Ich bin so froh, dass ich es wieder gewagt und auch durchgezogen habe. Auch wenn Zucker so unfassbar lecker ist, überwiegen die Vorteile, auf Zucker zu verzichten. Der größte Vorteil für mich besteht darin, dass ich mich einfach fitter fühle und mein Hirn ruhiger ist. Doch es gab auch viele weitere Vorteile:

  • weniger(bis keine) Kopfschmerzen während meiner Periode
  • Hautbild hat sich stark verbessert
  • kein Mittagstief mehr
  • keine Heißhungerattacken
  • die Kinder haben automatisch zu mehr Obst und Gemüse gegriffen

Wenn du mehr über meine Experimente erfahren willst, kannst du dich hier informieren. Für mehr spannende Selbstexperiment geht es hier entlang.

Letzte Artikel